Spätkaiser- und frühvölkerwanderungszeitliche Siedlung in Gehrden
79 Gehrden FStNR.24Gde. Stadt Gehrden, Region Hannover, ehem.Reg.Bez.H
Die Ausgrabung der bekannten spätkaiser- und frühvölkerwanderungszeitlichen Siedlung (s.Fundchronik 2010, 45 Kat.Nr. 79 und Fundchronik 2011, 99 f. Kat.Nr. 126) wurde 2012 fortgeführt.
Allerdings ließ sich die Untersuchung der rund 4.200 m² großen Fläche in der südöstlichen Ecke des Gewerbegebietes aus verschiedenen Gründen nicht wie geplant zum Ende der diesjährigen Grabungskampagne abschließen. Hauptursache dafür war die unerwartet hohe Befunddichte mit zwei- bis dreimal so vielen Befunden wie auf den in den Vorjahren untersuchten Flächen.
Offenbar ist es gelungen, den unmittelbaren Kernbereich der Siedlung aufzudecken bzw. anzuschneiden. Darauf deutet sowohl die häufige Mehrfachüberschneidung von Befunden als auch die vergleichsweise hohe Anzahl von Lesefunden aus dem Oberboden hin. Bei den Befunden sticht v.a. ein großes, hallenartiges Gebäude (28 x 9 m) mit mächtigen Pfostengruben hervor. Daneben zeichneten sich zwei weitere, wenngleich kleinere Langhäuser wie auch mehrere Pfostenspeicher ab.
Darüber hinaus ist es bei der Masse der dokumentierten Pfostengruben v.a. im Zentrum der Fläche, mit weiteren Gebäudegrundrissen zu rechnen.
Bemerkenswert sind zudem die aufgedeckten Grubenhäuser – insgesamt ließen sich 29 erfassen: Regelmäßig in den Ecken und in der Mitte der Schmalseiten sowie teilweise auch an den Langseiten Pfosten nachgewiesen werden, die mindestens einen halben Meter unter die Grubenhaussohle reichten.
In einigen Fällen ließen sich sogar Doppelpfosten beobachten. Für die „einfache“ Grubenhäuser scheint dieser Aufwand recht hoch. Vielmehr lassen die Konstruktionsmerkmale darauf schließen, dass es sich um hochgestelzte Pfostenbauten mit einem Keller handelte. Erneut wurden dieses Jahr ein einzelner Brunnen aufgedeckt. Es handelt sich erst um den zweiten derartigen Befund im bislang untersuchten Siedlungsbereich. Anders als in 2010 war der Brunnen nicht mit Flechtwerk, sondern m it senkrecht in den Boden gerammten Spaltbohlen ausgesteift, von denen sich noch Reste im Grundwasser erhalten hatten. Die Hölzer wurden zwecks Analysen geborgen, allerdings bleibt abzuwarten, ob sich die Proben auch wie erhofft dendrochronologisch bestimmen lassen. Das im Rahmen der diesjährigen Grabungskampagne geborgene Fundmaterial umfasst neben der bereits bekannten Siedlungs- und Drehscheibenkeramik auch eine Vergleichsweise große Zahl an Buntmetallfunden, insbesondere Fibeln, Münzen und Gefäßbruchstücke. Der teilweise hohe Fragmentierungsgrad der Objekte deutet au einen Buntmetallhandwerker vor Ort hin.
Die Ausgrabungen werden im kommenden Jahr mit der Untersuchung der 2012 nicht vollständig dokumentierten Restfläche im Südosten als auch kleinerer Teilflächen im Nordwesten des Gewerbegebietes fortgesetzt. Für die westlich an das diesjährige Untersuchungsareal anschließende Fläche, auf der zumindest teilweise mit einer ähnlich hohen Befunddichte zu rechnen ist, gibt es seitens des Erschließungsträgers und der Kommunalarchäologie jedoch Überlegungen, sie aus der Bebauung herauszunehmen und somit der Forschung zu erhalten.
F, FM: Komm.Arch.Region Hannover/ ArchaeoFirm Poremba & Kunze GbR; FV: zzt.Komm.Arch.Region Hannover/ LMH
U. Bartelt/ A.Blank/ T. Poremba
„Nachrichten aus Niedersachsen Urgeschichte, Beiheft 17“:
Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege
– Abteilung Archäologie _
Scharnhorststraße 1
D-30175 Hannover