Bronzezeit und vorrömische Eisenzeit Siedlungsbefunde aus Bronzezeit und vorrömische Eisenzeit im Gewerbegebiet Uhlenbruch

77 Eckerde FStNr. 19, Gde. Stadt Barsinghausen, Region Hannover, ehem. Reg.Bez. H

Anlass der Maßnahme war der Neubau eines Betriebsgebäudes in Gewerbegebiet Uhlenbruch für die Firma Storemaster KG. Auf bislang langwirtschaftlich genutztem Gelände an den nördlichen Ausläufen des Deisters konnten ca. 2900 m² untersucht werden.

Die befundführende Schicht lag bereits 40 – 50 cm unter dem aktuellen Ackerhorizont und war zudem durch zahlreiche Drainagegräben gestört. Diese beiden Faktoren begründeten eine verhältnismäßig schlechte Befunderhaltung.

Trotzdem konnten nach dem maschinellen Abzugs des Oberbodens 100 archäologisch relevante Befunde im Planum dokumentiert werden (Abb. 81). Es handelte sich um 67 Pfostenstellungen, 24 Gruben, vier Öfen, ein mögliches Grubenhaus, einen Laufhorizont, zwei Verfüllungsschichten sowie mittelalterliche bzw. neuzeitliche Wölbackergräben. Die Befunde verteilten sih über die gesamte Untersuchungsfläche bis auf die nördliche Ecke. Eine besondere Konzentration war im nordwestlichen Bereich zu beobachten.

Die 67 dokumentierten Pfostenstellungen lassen sich nur schwer zusammenhängenden Strukturen zuweisen. Zum größten Teil sind sie relativ klein, mit einem Durchmesser von 25 – 30 cm. Die erhaltene Tiefe beträgt in den meisten Fällen 10 – 20 cm. Nur bei drei Pfostengruben ist im Profil eine Pfostenstandspur nachweisbar (Bef. 2, 43 und 45). Zwar sind an mehreren Stellen Pfostenreihungen erkennbar. Insbesondere im Nordwesten des Untersuchungsareals ist eine dichte Häufung von Pfostenstellungen zu beobachten. Dabei bilden die Befunde 51, 69, 68 und 73 eine von Nordwest nach Südost orientierte Reihe mit einer einheitlichen Jochweite von ca. 1,7 m (zwischen Bef. 51 und 69 fehlt ein Pfosten). Wegen der exakten Achsbildung und der einheitlichen Jochweite ist hier die Zugehörigkeit zu einem Gebäude möglich, allerdings fehlt jedes Indiz für einen rechtwinkligen Wandanschluss, sodass auch eine Einfriedung als Interpretation denkbar ist. Weiterhin gibt es eine rechtwinklige Pfostenstruktur, gebildet aus den Befund 53, 56, 63, 64 und 43, wobei Bef. 63 den Eckpunkt bildet. Allerdings variiert die Pfostenstärke recht deutlich und es gibt auch keine einheitlichen Achsweiten. Auch hier bleibt festzuhalten, dass es sich eher um Reste einer Einfriedung als um ein Gebäude handelt. In jedem Fall weist die dichte Häufung von Pfostenstellungen in diesem Bereich im Nordwesten des Grabungsareals auf eine intensive Siedlungstätigkeit über einen längeren Zeitraum hin. Zu den 28 Pfosten in einem engen Umkreis kommen zusätzlich drei Siedlungsgruben hinzu. Zwei weitere Pfostenstrukturen sind hervorzuheben. Am westlichen Rand des mittleren Bereiches bilden die Befunde 82, 84, und 85 eine rechtwinklige Struktur mit den Maßen 1,95 m x 3.2 m. Denkbar ist eine Deutung als Vierpfostenspeicher, wobei der nordwestliche Pfosten fehlt.

Im südöstlichen Grabungsareal lassen sich die Befunde 24 bis 27 zu einer Sechs-Pfosten-Struktur verbinden, wobei die südliche Längsachse mit den drei Pfosten 24, 25 und 26 vorhanden ist, während von der nördlichen Parallelachse die beiden Eckpfosten fehlen. Die Ausdehnung beträgt 2,95 m x 2,4 m. Insgesamt wurden 24 Gruben dokumentiert. Meist waren die wannenförmig, deutlich vom umgebenden Substrat abgegrenzt und, zum Teil in mehrere Schichten, mit eindeutigem Siedlungs-abfall verfüllt. Neben viel Holzkohle und verziegeltem Lehm enthielten sie größere Mengen Keramik sowie Tierknochen.
Die Hauptmasse der Funde besteht aus ältereisenzeitlichen Keramikfragmenten, die überwiegend sehr nachlässig gebrannt sind. Nur wenige Scherben sind verziert mit einem Fingertupfenrand oder auch einer ornamentalen Ritzverzierung (Abb. 82,4). Zu den Gefäßformen gehören neben einfachen Töpfen mit Standböden (Abb. 82,3) kumpfförmige Gefäße (Abb. 82,2), Schalen und mehrere breigliedrige Terrinen, die mit einer Gesteinmischung aus Granitgrus mit Feldspat, Pyrit und Keuper gemagert sind (Abb. 82,1).
In der Grube Befund 65 fand sich in fast vollständiges Gefäß (Abb. 83 F). Es handelt sich um eine rottonige dreigliedrige Terrine mit konisch leicht einziehendem Halsbereich, einer unter dem Umbruch wenig ausbauchenden Wandung und einem flachen, nicht abgesetzten Boden. Im nördlichen Zentrum der Grabungsfläche befand sich mit Befund 78 ein Komplex, der zunächst als Grube interpretiert wurde. Es handelte sich im Planum um eine annähernd rechtwinklige Verfärbung mit deutlich abgerundeten Ecken. Die Ausdehnung betrug ungefähr 3,45 m x 3,00 m. Im zweiten Planum löste sich diese Struktur etwas auf. Es gab einen tieferen Bereich im nordöstlichen Quadranten, der insbesondere eng an den rechten Winkel der Nordstrecke angelehnt war. Insgesamt war der Befund sehr schlecht erhalten und durch zwei Drainagegräben sowie zahlreiche Tiergänge erheblich gestört. Erkennbar war ein leicht gewellter, zum tieferen, nordöstlichen Bereich abgetreppter Boden. Hinzu kamen zwei Pfostengruben ungefähr auf der Längsachse des Befunds, einer am südwestlichen Rand (Bef. 108), der andere nordöstlich knapp außerhalb der sichtbaren Befundgrenze (Bef. 77). All diese Indizien lassen lassen vermuten, dass es sich bei dem Befundkomplex um die Reste eines Grubenhauses handelt.
Viel Ofenbefunde konnten freigelegt werden. Es handelte sich um einfache Lehmkuppelöfen mit einer vorgelagerten, etwas tieferen Feuerungsgrube.
Am deutlichsten ist der Befund 99. Im ersten Planum war nur eine rundliche, hellbräunlichgraue Verfärbung erkennbar, vergleichbar den einfachen Grubenbefund. Beim Abtiefen des Profils wurde ein zweites Planum angelegt. Dieses zeigt zunächst einen großen, hellgrauen, lehmigen Bereich. Innerhalb dieser verwaschenen Verfärbung mit unscharfen äußeren Konturen lag ein ringförmiges dunkelgraues Band, das stark mit Holzkohle und verziegeltem Lehm durchsetzt war (Abb. 84 F). Dieses Band markiert die Wandung der von innen erhitzten Ofenkuppeln. Der beschriebene hellgraue lehmige Außenbereich war der Rest der weggewaschenen äußeren Ofenwandung. Auf der linken, nördlichen Seite schliss sich an den beschriebenen Ring ein flächiger dunkler Bereich mit viel Holzkohle und Brandlehm an. Dabei handelte es sich um Teile der verstürzten Ofenkuppel.

Im dritten Planum war der Boden des Brennraumes deutlich als flächige dunkle Verfärbung mit großen Stücken verziegelten Lehms zu erkennen. Im Ostprofil war schließlich der verziegelte Boden des Ofens klar als rotes Band erkennbar. Auf der rechten, südlichen Seite schloss sich ein tieferer Bereich an. Dabei handelte es sich um die etwas tiefer gelegene Feuerungsgrube. Drei weitere Befunde können ebenfalls als Öfen interpretiert werden.

Über den vorgeschichtlichen Befunden waren flächendeckend Wölbackerbeete zu erkennen, ausgerichtet von Südwest nach Nordost. Sie hatten eine Breite von 1,1 bis 2,0 m. Ihr Abstand betrug zwischen 7 und 8 m. Im Profil waren sie noch als flache Mulden mit einer Tiefe von ca. 20 cm erhalten. Darin fand sich wenig neuzeitliches Steinzeug, das einen Hinweis auf die Nutzungszeit gibt.
Vermutlich als Sekundärfund konnte aus Grube Befund-Nr. 15 ein neolithisches, dickblattiges Kieselgeoden-Rechteckbeil geborgen werden. Es ist nahezu perfekt erhalten, hat eine Länge von 7,6 cm, eine Breite von 5,1 cm, eine Dicke von max. 205 cm und ein Gewicht von 142,9 g (Abb. 85). Der Rohstoff für dieses Beil wurde im Bereich Wiehengebirge/Teutoburger Wald abgebaut und früher als Wihengebirgs-Lydit bezeichnet. Eine Kartierung der jungsteinzeitlichen Artefakte aus diesem Material zeigen, dass diese sich in einem Umkreis von etwa 150 km um die beiden Gebirgszüge verbreiten. Der Fundort Eckerde liegt am Ostrand des Hauptverbreitungsgebietes.
Die Grabung gab einen Einblick in einen spätbronzezeitlichen bis früheisenzeitlichen Siedlungsplatz, der in alle Richtungen über die untersuchte Fläche hinausgreift.

F. F.-W. Wulf, NLD; FM: U. Buchert,
ArchaeoFirm Poremba & Kunze GbR; FV: NLD
U. Buchert / A. Kis / F.-W. Wulf
„Nachrichten aus Niedersachsen Urgeschichte, Beiheft 17“:
Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege
– Abteilung Archäologie _
Scharnhorststraße 1
D-30175 Hannover