Mehrphasige Besiedlung vom Neolithikum bis zur Eisenzeit beim Bau der Westumfahrung Hittfeld entdeckt, Gemeinde Seevetal, Landkreis Harburg

Anlass und Lage der Fundstellen
Bevor mit den Erdarbeiten für den Bau der neuen Westumfahrung Hittfeld begonnen werden konnte, führte das Archäologische Museum Hamburg eine Voruntersuchung in archäologischen Verdachtsbereichen durch und stieß dabei auf Siedlungsspuren. Diese befanden sich beide westlich von Hittfeld, nördlich und südlich der Eddelsener Straße. Fundstelle 64 ist dabei der kleinere Fundplatz von beiden und liegt auf einer Geländekuppe. Die Befunderhaltung auf dieser Fundstelle ist aufgrund der Erosion eher als schlecht zu bezeichnen. Die Fundstelle 61 liegt einige hundert Meter hangabwärts von der Fundstelle 64 entfernt. Fundstelle 61 liegt in unmittelbarer Nähe eines Bachlaufes und besitzt eine größere Ausdehnung. Der Hangbereich zwischen beiden Fundstellen blieb in den Sondagen befundleer.

Die Fundstelle 64
Befunderhaltung
Im gesamten Bereich der Fundstelle konnte keine Kulturschicht festgestellt werden und der Lesefundniederschlag war sehr gering. Aufgrund der Lage des Fundplatzes auf einer Geländekuppe scheint ein Großteil der Befunde und Funde durch die Erosion zerstört worden zu sein. Dafür spricht auch die sehr schlechte Befunderhaltung und teilweise geringen Erhaltungstiefen der dokumentierten Befunde. Insgesamt wurden 43 Befundnummern vergeben. Diese verteilen sich auf 21 Gruben, 14 Feuerstellen und Brandgruben sowie eine Grube mit Feuerstelle, eine mögliche Pfostengrube und einen Graben.

Die Siedlungsgruben
Der größte Teil der Befunde wird von Siedlungsgruben gestellt, die schwer vom anstehenden Boden abzugrenzen waren. Ihre Größen schwanken zwischen 0,55 m x 0,60 m bis 3,10 m x 2,00 m, die Erhaltungstiefen reichen von 0,10 m bis 0,60 m. Mehrheitlich enthielten die Gruben wenig vorgeschichtliche Keramik und kaum Silexabschläge oder schlecht retuschierte Geräte. Ausnahmen bilden die Gruben Befund 60, 73, 88 und 92, die größere Keramikinventare enthielten. Aus dem Grubenkomplex 1 mit Befund 74 – 79 konnten ebenfalls eine Vielzahl an Keramikfragmenten geborgen werden. Aus der Grube Befund 93 stammen zwei flache Gefäßböden und aus Befund 97 mit Tupfenleisten verzierte Scherben.

Die Feuerstellen
Die nächst größere Befundgruppe bilden die Feuerstellen, die sich wie die Gruben über die gesamte Fläche verteilen. Ihre Durchmesser reichen von 0,50 m bis 2,00 m, die Erhaltungstiefen variieren zwischen 0,03 m bis 0,45 m. Wenige enthielten in ihrer Verfüllung Funde. Ausnahmen bilden hier die Befunde 60, 91, 101 und 94 mit einer stattlichen Anzahl an Keramikfragmenten und einem flachen Spinnwirtel.

Pfostengrube und Graben
Eine mögliche Pfostengrube liegt mit Befund 82 vor. Sie besitzt einen ungefähren Durchmesser von 0,30 m und reicht noch ca. 0,10 m unter Planum 1.
Ein von Ost nach West verlaufender Graben wurde in der Südecke der Grabungsfläche aufgedeckt. Im Profil setzt er sich muldenförmig bis trichterförmig ab, Funde konnten nicht geborgen werden, daher ist die Datierung unklar. Ob es sich um einen neuzeitlichen Drainagegraben oder einen vorgeschichtlichen Spitzgraben handelt, ist folglich unsicher.

Die Fundstelle 61
Befunderhaltung und Befundsituation
Insgesamt konnten auf dieser Fundstelle 142 Verfärbungen als archäologische Befunde angesprochen werden. Darunter finden sich 89 Feuerstellen und Brandgruben, 34 Siedlungsgruben, 14 mögliche Pfostengruben und ein Graben.

Die gesamte Fläche ist durch Baumwürfe und Pflanzgruben stark durchmischt.

Die Feuerstellen
Die zahlenmäßig am stärksten vertretene Befundgattung gruppiert sich hauptsächlich in der Nordostecke der Grabungsfläche, aber auch vereinzelt entlang der Südwestkante. Die ermittelten Durchmesser der Feuerstellen liegen zwischen 0,30 m bis 1,50 m mit Erhaltungstiefen von 0,08 m bis 0,70 m. Die Verfüllung wies wie auch bei Fundstelle 64 nur wenige kleinteilige Keramikfragmente auf. Bodenproben wurden für ein Forschungsvorhaben über bronzezeitliche Kultfeuerstellen von jeder besser enthaltenen Feuerstelle entnommen, um diese nach möglichen Makroresten zu untersuchen.

Besondere Erwähnung sollte die Feuerstelle Befund 64 finden. Schon während der Planumsaufnahme konnte als Einzelfund eine aufliegende, 3 cm lange Pfeilspitze mit eingezogener Basis aus Silex geborgen werden, die in die Einzelgrabkultur datiert. Im Profil zeigte sich im Bereich der Grubensohle ein durch Hitzeeinwirkung gerissener Stein, der aber keinerlei Bearbeitungsspuren aufwies.

Die Pfostengruben
Die wenigen Pfostengruben streuen über die gesamte Fläche und ließen sich nicht in konstruktive Zusammenhänge stellen. Die Befunde 46, 47 und 48 bilden eine NW-SO ausgerichtete Reihe, trotz gründlicher Suche konnten aber keine weiteren Pfostengruben entdeckt werden.

Die Siedlungsgruben
Die Gruben konzentrieren sich im Südteil der Fundstelle und überschneiden sich kaum mit den Feuerstellen. Die Durchmesser der Siedlungsgruben im Planum variieren dabei von 0,50 m x 0,30 m bis 4,20 m x 3,40 m, die Erhaltungstiefen reichen von 0,10 m bis 1,00 m.

Die meisten Gruben enthielten kaum datierbares Material. In der Verfüllung von Grube Befund 83 fanden sich dagegen einige neolithische Scherben, zwei Keramikfragmente mit Henkelösen und ein kleiner Silex-Stichel.

Neben recht flachen Gruben mit wenigen Funden konnten auch drei Grubenkomplexe mit größeren Tiefen und vielen Funden dokumentiert werden.
Grubenkomplex 1 wird von Befund 103, 104 und 108 gebildet. Er ist 4,70 m x 2,50 m – 4,20 m groß und bis zu 1,00 m tief. Aus den Gruben konnten einige bis handtellergroße vorgeschichtliche Keramikscherben geborgen werden, zudem fanden sich einige Silexabschläge in der Verfüllung. Das gebänderte Substrat weist darauf hin, dass die Grube zumindest zeitweise wasserführend war. Ob die Bänderung durch eine Verwendung als Wasserloch oder durch Stauwasser in der Senke herbeigeführt wurde, kann möglicherweise durch die Analyse der Bodenproben geklärt werden.

Grubenkomplex 2 besteht aus den Befunden 43, 107 und 147, misst 5,30 m x 3,10 m und ist bis zu einer Tiefe von 0,43 m erhalten. Bei diesem Befundkomplex handelt es sich um eine ovale bis abgerundet-rechteckige Grube oder Reste eines Grubenhauses mit zwei kleineren muldenförmigen Vertiefungen. Es konnten zahlreiche unverzierte, angeraute sowie verzierte glatte Keramikscherben und außerdem reichlich Silexabschläge und -absplisse geborgen werden, dazu mehrere Kratzer und Schaber, aber auch wenige Mikroklingen und ein 6 cm langes, kleines, spitznackiges, an der Schneide überschliffenes Flachbeil.

Als besonderer Fund ist jedoch eine fast vollständig erhaltene Amphore mit vier Henkeln und Strichverzierung auf der Schulter zu nennen. Der Boden des Gefäßes ist nicht mehr erhalten, es steckte mit dem Trichterhals nach unten in der Verfüllung.

Die Amphore wurde im Block geborgen. Die umliegenden Scherben werden wohl zugehörig sein, so dass eine fast vollständige Rekonstruktion des Gefäßes möglich ist. Die Verzierung der Keramik, Blöcke aus senkrechten Strichen und Leiterdekor, sowie die Form der Amphore weisen in die Trichterbecherkultur. Die Menge an geborgenen Silices deutet auf eine Verwendung des Befundes als Werkstatt hin.

Aus den beiden Mulden Befund 107 und 147 kamen soweit keine Funde, es ist möglich, dass es sich nur um Bioturbationen handelt.
Grubenkomplex 3 umfasst die Befunde 20, 21, 131-133, 135-138 und 168, wobei 168 eine mögliche jüngere Pfostengrube ist. Die Gruben stoßen zumeist aneinander, schneiden einander oder liegen eng beisammen auf einer Fläche von rund 7 m x 6 m, die kleinste Grube misst dabei 0,92 m x 0,75 m, die größte 4,10 m x 2,40 m. Die Erhaltungstiefen reichen von 0,15 m bis 0,70 m. Befund 20 enthielt wenige Keramikscherben und Silexabschläge sowie einen 5 cm großen Klingenkratzer. Aus Befund 21 wurden neben vielen, teils mit Strichen und geraden sowie Zickzack-Stichbändern verzierten Keramikscherben der TBK auch wenige Silexabschläge, Kratzer, ein 11 cm x 6 cm x 1,5 cm großes, überschliffenes Flachbeil aus Silex sowie ein faustgroßer Schleifstein geborgen. Die anderen Gruben enthielten weniger Keramik und etwas Silex, darunter Kratzer. Abgesehen von der Menge der Funde ist das Material aus den Verfüllungen dieses Komplexes sehr homogen. Es handelt sich um offenbar um eine Ansammlung von Abfallgruben.

Zusammenfassung

Bei der Fundstelle 61 handelt es sich um eine mehrphasige Besiedlung, die vom Neolithikum bis, mit einer großen zeitlichen Unterbrechung, in die jüngere Eisenzeit reicht. Vor allem im Südteil der Fläche verteilen sich in lockerer Streuung Gruben und wenige Pfostengruben ohne größeren Zusammenhang. Aus den Grubenkomplexen 1 und 3 konnten sehr viele Keramikscherben und Silexabschläge sowie –geräte geborgen werden. Diese Befunde werden als Abfallgruben angesprochen. Der Grubenkomplex 2 dagegen scheint der Rest eines Grubenhauses zu sein, auch wenn es keine Spuren von umliegenden Pfostengruben gibt. In der Verfüllung lagen reichlich Silexabschläge, -Absplisse, -Kleingeräte und ein Beil. Außerdem kamen viele, teils verzierte Keramikscherben sowie eine fast vollständige Amphore der TBK zutage. Dieser Komplex wird der Rest einer Handwerkshütte zur Silexbearbeitung sein. Aus den anderen Gruben der Grabungsfläche kommt nur wenig datierbares Material, eine Ausnahme ist Befund 83, der ebenfalls neolithische Keramik und einen Stichel enthielt. Teilweise zeigte die Grubenverfüllung eine Bänderung, die auf wasserführende Schichten hinweist. Ein deutliches Wasserloch wurde nicht dokumentiert, die Wasserversorgung der Siedlung war jedoch durch einen nahen Bachlauf gesichert. Die Feuerstellen, die sich entlang der NW-Kante der Fläche und vor allem in der Nordhälfte recht dicht absetzen, bilden den zweiten Teil der Besiedlung. Bis auf den Einzelfund einer Pfeilspitze der Einzelgrabkultur, die auf einer der Feuerstellen auflag, sind die Verfüllungen fast fundleer. Teilweise wurden bei der Planumsanlage wenige vorgeschichtliche Keramikfragmente geborgen, eine sichere Datierung der Feuerstellen konnte über diese jedoch nicht erfolgen. Für eine geplante Dissertation an der Universität Kiel wurden Bodenproben entnommen, von denen bereits einige analysiert und in die Kaiserzeit datiert wurden. Den geomagnetischen Untersuchungen zufolge setzen sich die Feuerstellen nach Nordwesten weiter fort. Im Süden, Westen und Osten dünnt die Befundlage dagegen stark aus.

In Richtung Südwest folgt nach einigen hundert Metern auf einer Hügelkuppe die vermutlich bronze- bis eisenzeitliche Fundstelle 64.
Diese Fundstelle besteht aus 39 Befunden, die sich locker über die Grabungsfläche verteilen. Dabei ist die Befunddichte in der Südhälfte etwas höher als in der Nordhälfte. Die Befunde setzen sich vorwiegend aus einfachen Gruben und Feuerstellen zusammen. Ein einzelner möglicher Pfosten und ein Graben unsicherer Datierung runden das vorhandene Befundbild ab. Richtung Süden setzt sich die Fundstelle vermutlich in lockerer Streuung weiter fort, nach Norden hingegen dünnen die Befunde merklich aus. Die Erhaltungstiefen der Befunde sind aufgrund erhöhter Erosion sehr schlecht. Das Fundspektrum umfasst einige vorgeschichtliche Keramikscherben von grober Machart bis hin zu Fragmenten mit geglätteter Oberfläche, dazu gesellen sich wenige Silexabschläge sowie vereinzelt schlecht retuschierte Geräte. Das Fundgut spricht für eine Datierung in die späte Bronze- bis frühe Eisenzeit.