In der Techt – mehr als nur Gestank … In der Techt – mehr als nur Gestank …

In der Techt - mehr als nur Gestank...Anlass für eine archäologische Untersuchung auf dem Eckgrundstück In der Techt/Salzbrücker Straße durch Archäologen der archäologischen Grabungsfirma ArchaeoFirm war der Neubau eines Mehrfamilienhauses in der Lüneburger Altstadt. Auf der Stadtparzelle wurden die Reste eines mittelalterlichen Hospitals, des so genannten Langen Hofes, vermutet. Während der zweimonatigen Ausgrabung, die von der Archäologin Ines Wullschläger und dem Grabungstechniker Jan Stammler geleitet wurde, konnten neben einem Fundament, das dem Hospital zuzuordnen ist, mittelalterliche Bodenbefunde und drei neuzeitliche Kloaken dokumentiert werden.

Unter den Bodenbefunden sind mehrere Gräben, ein Grubenhaus und weitere Gruben unbestimmter Funktion, die teils reich an Keramik waren. So wurden u. a. zwei fast vollständig erhaltene „Lübecker Kannen“ und ein früher glasierter Krug aus einer Grube mit Flechtwandwerk geborgen.

Die drei Kloaken, die sich in geringer Entfernung zueinander befanden, waren von runder Form, aber unterschiedlicher Bauweise. Die kleinste bestand aus einem zweisteinigen Backsteinring. Die mittlere ist aus einem einsteinigen Ring aus Backsteinen gemauert, die große Kloake dagegen aus lokal vorkommender Grauwacke. Die größte Kloake war bei einem Durchmesser von 6 m wohl noch mindestens 4 m tief erhalten, die Kleine maß dagegen nur 2,5 m. Vollständig ausgegraben wurde jedoch nur die mittlere Kloake mit einem Durchmesser von 3,25 m. Sie datiert aufgrund ihres Fundmaterials in das 15. bis 17. Jahrhundert. Anhand ihrer Lage zueinander und der aus den beiden anderen Kloaken geborgenen Funde deutet sich eine zeitgleiche Nutzung aller drei Kloaken auf dem Hospitalgrundstück an. Das daraus geborgene reichhaltige Fundmaterial aller Fundgattungen gibt einen Einblick in das Alltagsleben der Neuzeit vom Haushalt und den Ernährungsgewohnheiten der Stadtbürger bis hin zur Umwelt. Als Beispiele für die unzähligen, v.a. keramischen aber auch organischen Funde seien hier in loser Folge nur einige genannt: Kochgefäße und Geschirr wie Grapen, Pfannen und Schalen aus glasierter Irdenware und Steinzeug, Tischgeschirr wie Stangengläser und Achtkantgläser, drei Holzschalen, ein hölzerner Kochlöffel, Ofenkacheln, Gluttöpfe und Deckel aus Zieglerware, Salbgefäße aus Keramik, ein Reisigbesen, ein eiserner Schlüssel, eine tönerne Spardose, ein Monokel mit Fassung aus Horn, eine Schreibfeder aus einem Vogelröhrenknochen, viele Lederschuhe und -pantoffeln, Gestricktes und andere Stoffreste, Eierschalen, Miesmuscheln, Apfel-, Pflaumen- und Kirschkerne, Nussschalen, Hagebutten, Eichen- und Birkenblätter…

Neben den sehr zahlreichen Funden aus der Latrine konnten während der gesamten Untersuchung fast 200 Einzelfunde aus unterschiedlichem Metall geborgen werden. Darunter sind ein mittelalterlicher vogelförmiger Fürspan, ein schildförmiger Typar, ein vergoldeter Zaumzeuganhänger, eine Spornschnalle, ein Griffel vom Harzer Typ, ein Hohlpfennig, neuzeitliche Kupfer- und Silbermünzen, eine vergoldete blütenförmige Applike, ein Spinnwirtel aus Blei, Messerbeschläge, Tuchplomben und Pilgerzeichen. Die überwiegende Anzahl der Stücke sind Lesefunde ohne konkreten Befundzusammenhang, nicht aber ohne Bezug zur untersuchten Stadtparzelle und der Geschichte der Stadt Lüneburg. Die Stücke zeigen einen Querschnitt durch die Nutzung des Grundstückes vom Mittelalter bis in die jüngste Zeit (darunter eine indonesische Münze aus dem Jahr 1952) von einfachem Kleidungsaccessoire über Haushalts- und Handelswaren bis zu hochwertigem handwerklichem Schmuck.

(Stammler, Wullschläger M.A.)