Artikel302 Römische Kaiserzeit, Völkerwanderungszeit, frühes und hohes Mittelalter

302 Apensen FSTNr. 100 und 128. Gde. Apensen, Ldkr. Stade. Ehem. Reg.Bez. Lü

Beim Bau eines Nahversorgungszentrums am Südrand des Ortes Apensen im Jahr 2006 wurde eine Ausgrabung durchgeführt, bei der Siedlungsbefunde (FStNr. 128) der vorrömischen Eisenzeit und Römischen Kaiserzeit entdeckt wurden (s. Fundchronik 2006/07, 64 Kat.Nr. 128). Im Vorfeld der unmittelbar angrenzenden Erweiterung des Nahversorgungszentrums wurden durch die Kreisarchäologie Stadt zwei Ost-West ausgerichtete Sondagen angelegt. Ziel dieser Suchschnitte war es, die Ausdehnung der Siedlungsfläche zu erfassen und die Befunderhaltung eines im Luftbild erkannten zerstörten Grabhügels (FStNr. 100) zu überprüfen. Im Umfeld de ehemaligen Grabhügels wurden bei Begehungen Keramikscherben aufgelesen. Bei der Voruntersuchung kamen auf einer rund 1400 m² großen Fläche archäologische Befunde zutage, welche anschließend durch die Grabungsfirma ArchaeoFir Poremba & Kunze GbR im Juni/Juli 2012 vollständig untersucht wurden. Die Grabungsfläche liegt auf einer leichten Anhöhe auf einer durchschnittlichen Höhe von +43,00 m NN.

Schon während des Abziehens der Fläche mit dem Bagger wurde der gesamte Oberboden, der Abraum die und die Fläche mit Metallsonden begangen. Auch die Befunde wurden während der Profilanlage regelmäßig mit der Sonde untersucht. Aufgrund starker Erosionen konnten während der Grabung keine Spuren des Grabhügels mehr festgestellt werden. Insgesamt wurden 18 anthropogene Befunde aufgenommen, darunter zehn Siedlungsgruben, zwei mögliche Pfostengruben eine sehr große zylindrische Grube, zwei unklare Befunde und drei Ost-West ausgerichtete Körpergräber. Die Befunde konzentrieren sich dabei auf den Nordosten und Nordwesten der Fläche. Im Süden und in der Mitte des Grabungsareals war der Boden sehr steinig und befundleer.Römische Kaiserzeit, Völkerwanderungszeit, frühes und hohes Mittelalter

In der Nordost-Ecke der Grabungsfläche wurden zwei größere und zwei kleinere, 0,2 – 0,55 m tiefe Gruben mit wenig Keramik in der Verfüllung dokumentiert, darunter auch eine Grube mit reichlich Holzkohle-Partikeln und Knochenbrand. Im Nordwest-Bereich konzentriert sich der Großteil der Befunde, darunter neben einfachen Siedlungsgruben mit relativ viel Keramik auch eine eventuell temporär wasserfüllende 0,7 m tiefe Grube (Abb. 243) mit über 150 Keramikscherben, einem Spinnwirtel, zwei Silices, etwas Eisenschlacke und Brandlehm Abdrücken. Die wichtigsten Befunde waren drei Ost-West-ausgerichtete, 1,8 x 0,7 m bis 2 x 1,15 m große und 0,1 – 0,4 m tiefe Körpergräber, die mit 4 bis 6 m Abstand nah beieinander lagen. In dem Grab Befundnr. 1 (Abb. 244), wurden in ersten Planum die Reste einer grün korrodierten (Bügel-)Fibel aus Buntmetall mit anhaftenden Gewebe- und Knochenresten sowie ein flaches bandförmiges Fragment aus Bronze entdeckt, sodass dieser Bereich im Block geborgen wurde. Bei der nachfolgenden Restaurierung stellte sich heraus, dass es sich bei dem Bronzeobjekt um den ringförmigen Verschluss eines bronzenen Halsrings handelt.

Bereits bei der Absuche des Abraumes mit dem Metalldetektor war ein bandförmiges Fragment eines Halsringes entdeckt worden, welches zu dem Stück aus dem Grab passt. Dadurch ist zum einen der Fundkontext gesichert und zum anderen liegt der Halsring bis auf den Verschlusshaken vollständig vor. Das durch den Bagger oder den Pflug stark verbogene Schmuckstück ist im zentralen Bereich lanzettförmig verbreitet. Dieser Abschnitt wird durch zwei eingepunzte Punktreihenbänder begrenzt. Die beiden Enden dieser Linie sind durch kleine bogenförmige Punzverzierungen betont. Die Öse ist ebenfalls durch Punkte dekoriert. Zu diesen Halsringen existieren nur wenige Vergleichsfunde. Ein ähnliches Exemplar stammt beispielsweise aus Bremen-Kirchhuchting (BISCHOP 2000, 62 Abb. 90) und wird dort in die Völkerwanderungszeit datiert.

Aus einem weiterem Grab, Befund 14, konnten vier stark korrodierte Eisenfragmente, darunter eine Schnalle, sechs unterschiedlich gefärbte Glasperlen mit Fadenauflagen (Abb. 245 F) oder Augen geborgen werden. Im dritten Grab, Befundnr. 18, wurden nur neuen Keramikscherben geborgen. Bei Befundnr. 14 und 18 wurden diffuse dunkle rechteckige Verfärbungen im Innenbereich als vermutliche Reste einer Holzverschlagung oder des Sarges dokumentiert, ein Leichenschaffen war jedoch in keinem der Gräber zu sehen. Die Funde, die neben den Grabbeigaben vor allem aus schlecht gebrannter einfacher Siedlungskeramik bestehen, datieren in die spät römische Kaiserzeit bis in die Völkerwanderungszeit. Als weiterer Lesefund wurde eine kleine runde Scheibenfibel mit zentraler Fassung mit einem Durchmesser von ca. 1,5 cm geborgen. Zwischen Fassung und Rand liegen sieben zum Teil durchbohrte Gruben. Von den ehemals vorhandenen Emailfüllungen ist nichts ehr vorhanden. Auf der Rückseite sind Feilspuren zu erkennen. Diese Fibelform datiert in das 9.-12. Jh. (LAUX 1998, 21 ff., Abb. 6.21-24).
Lit.: BISCHOP, D. 2000: Siedler, Söldner und Piraten. Bremer archäologische Blätter, Beiheft 2. Bremen 2000.- LAUX, F. 1998: Kleine karolingische und ottonische Scheibenfibeln aus Bardowick, Ldkr. Lüneburg.
NNU 67, 1998, 9-28.
F, FM: ArchaeoFirm Poremba & Kunze GbR /
Ldkr. Stade, Arch. Denkmalpflege; FV: Ldkr. Stade,
Arch Denkmalpflege F. Tröger / D. Nösler