Holzpfosten, Bottiche und Fässer im mittelalterlichen Hildesheim

144 Hildesheim FStNr. 188 Gde. Stadt Hildesheim, Ldkr. Hildesheim, ehem. Reg.Bez.H

Im Rahmen der grundhaften Sanierung des zwischen Burg- und Ritterstraße gelegenen Teilabschnittes der Dammstraße konnte eine größere Fläche einer bereits im Vorjahr während der Verlegung einer Fernwärmeleitung entdeckten Fundstelle (s. Fundchronik 2011, 133 Kat.Nr. 188) archäologisch untersucht werden. Da die Straßenführung in diesem Bereich erst in der Nachkriegszeit begradigt worden ist – zuvor verlief die Wegeverbindung weiter südlich –, war bereits im Vorfeld der Baumaßnahme mit der Freilegung von Siedlungsbefunden v. a. in Form von Kellerfundamenten der Vorkriegsbebauung zu rechnen.
Völlig unerwartet wurden im Verlauf der Arbeiten jedoch auch Befunde aufgedeckt, die bis in das Mittelalter zurückreichen. Grund dafür war einerseits die Tatsache, dass in den Nachkriegsjahren ein nur vergleichsweise geringmächtiger Straßenunterbau hergestellt worden war, andererseits der Baugrund in diesem Bereich aber aus muddigen Sedimenten bestand.
Diese begünstigten zwar die Erhaltung organischer Materialien, brachten gleichzeitig aber große Probleme für den heutigen Straßenbau mit sich. Im Ergebnis musste der Boden bis in eine Tiefe von 1,2 m unter Straßenniveau ausgetauscht werden.

Dabei wurde eine Vielzahl von Befunden aufgedeckt (Abb.125). Neben diversen Mauern – sowohl aus Bruch- als auch aus Ziegelsteinen – die zu Gebäuden bzw. Hauskellern und Abwasserkanälen verschiedener Zeitstellung seit der frühen Neuzeit gehören, und Pflasterungen z.B. einer Hofeinfahrt konnten auf engstem Raum auch viele Holzbefunde erfasst werden; Allein 149 Holzpfosten und –staken sowie rund ein Dutzend Daubenkonstruktionen, die als Fässer und Bottiche angesprochen werden können.  In einem Fall scheint es sich um eine mittelalterliche Holzkloake mit einer Grundfläche von 1,8 x 1,8 m zu handeln. Der Innendurchmesser der erfassten Bottiche lag zumeist deutlich unter 1m; nur in zwei Fällen wiesen die Daubenfässer mit 1,35 m bzw. 1,58 m einen wesentlich größeren Durchmesser auf.
Obwohl sich aufgrund der Vorgaben der Baumaßnahme die Befundunterkanten in der Regel nicht erfassen ließen, ist der vergleichsweise geringe Fundanfall auffällig: Selten konnten aus der Verfüllung der Bottiche vereinzelte Lederreste geborgen werden, häufiger fanden sich jedoch Kirsch- und einmal sogar Pflaumenkerne, zudem mehrere Glas- und Keramikfragmente des Spätmittelalters und der frühen Neuzeit.

In jeweils einem Fall ließen sich Fragmente eines Holztellers und einem Kalkblock bergen. Eine eindeutig funktionale Zuordnung der aufgedeckten Befunde gestaltet sich derzeit schwierig: Eine Nutzung als Hof-und Wirtschaftsbereich, evtl. auch als Werkstattbereich im weitesten Sinne, ist zu vermuten. Im Rahmen der weiteren Auswertung ist deshalb zunächst eine zeitliche Differenzierung der Befunde notwendig. Zu diesem Zweck erfolgt soweit wie möglich eine Entnahme von Dendroproben, die gegenwärtig analysiert werden. Darüber hinaus wurden aus den Verfüllungen einiger Bottiche Bodenproben gesichert, deren naturwissenschaftliche Analyse hoffentlich Hinweise auf die einstige Nutzung erlaubt.

Abschließend bleibt noch die Frage nach dem Ursprung der muddigen Sedimente zu klären, die sich nauf einer Länge von rund 30 m  im Straßenbereich der Dammstraße erfassen ließen. Probeschachtungen bzw. –bohrungen haben ergeben, dass dieses Sedimentpaket noch mehr als 4 m tief reicht. Dies, die Lage unm ittelbar nordwestlich der ehem. Domburg als auch eine frühere Baubeobachtung sprechen dafür, dass es sich dabei um den verfüllten Domburggraben handelt: Dieser könnte bereits während des Museumsneubaus in den 1980er Jahren südlich der hier vorgestellten Fundstelle erfasst werden.

F, FM: Stadtarch.Hildesheim/ ArchaeoFirm
Poremba & Kunze GbR; FV: Stadtarch. Hildesheim
U.Bartelt/ K-A. Wegener

„Nachrichten aus Niedersachsen Urgeschichte, Beiheft 17“:
Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege
– Abteilung Archäologie _
Scharnhorststraße 1
D-30175 Hannover