Archäologische Flächenuntersuchungen in Bantorf Archäologische Flächenuntersuchungen in Bantorf

Vorrömische Eisenzeit und Römische Kaiserzeit:
Im Zuge der Erweiterung des nördlich der Bundesstraße B 65 bestehenden Gewerbegebietes Bantorf-Nord waren archäologische Flächenuntersuchungen notwendig, obwohl aus den für die Erschließung interessierenden Flurstücken bisher keine nennenswerten vorgeschichtlichen Funde bekannt geworden waren. Bei Begleitung des Oberbodenabtrages in einem Teilbereich der Gesamtfläche – das künftige Regenrückhaltebecken III – konnten jedoch durch V. König, NLD Hannover, Keramikfragmente, Holzkohle- und Brandlehmstücke sowie zahlreiche Verfärbungen festgestellt werden.
Aus diesem Grunde wurde die archäologische Ausgrabung für das Regenrückhaltebecken III mit einer Fläche von rund 6.850 m2 im Frühjahr 2011 veranlasst und von der Grabungsfirma ArchaeoFirm Poremba & Kunze GbR unter der Leitung von S. Agostinetto M.A. durchgeführt.

Archäologische Flächenuntersuchungen in BantorfDie Befunde der FStNr. 11 konzentrieren sich auf einen von S nach N verlaufenden Streifen mit einer Breite von rund 40 m, der sich über die gesamte Länge erstreckte. Westlich und östlich davon dünnten die Befunde aus bzw. war die Bodenstruktur durch rezente Eingriffe und Auftrag zerstört (Abb. 102). Bereits die erste Befundaufnahme deutete an, dass sich die Fundstelle über die Grabungsgrenzen hinaus erstreckt und somit nicht vollständig erfasst werden konnte. Die begonnenen Erschließungsmaßnahmen und besonders der Bau einer sich nordwestlich anschließenden Straße mit Wendeschleife bestimmten maßgeblich den Ablauf der Grabungen. Einzelbereiche des Areals mussten schrittweise für den weiteren Bauablauf freigegeben werden, ohne dass es zu größeren Störungen bzw. Stillstand kam. Insgesamt konnten 361 Befunde dokumentiert werden, darunter Lehmentnahme-, Vorrats-, Keller- und Abfallgruben sowie zahlreiche Pfostengruben. Die Pfostengruben waren im Durchschnitt 20 – 30 cm breit und erstrecken sich noch 15 – 30 cm, im Einzelfall auch darüber hinaus, in die Tiefe. Im Planum nur schwer vom anstehenden Substrat zu unterscheiden, zeigten sie sich im Profil häufig deutlich als rechteckige bis trogförmige Eintiefungen mit gerader oder gerundet-muldenförmiger Sohle, in denen vereinzelt noch die Pfostenstandspuren erkennbar waren. In anderen Fällen ließen sich diese nur indirekt durch eingelagerte Steine, Brandlehmbröckchen oder die Struktur der Verfüllung erschließen.

Es ließen sich drei West-Ost orientierte, mehrschiffige Hausgrundrisse nachweisen, von denen eines an der südlichen Grabungsgrenze nicht vollständig erfasst wurde. Der nördlichste Bau besaß eine Länge von 16,5 m und eine Breite von 6,5 m. Andere Pfostengruppierungen lassen sich u. a. als Vier-Pfosten-Bauten deuten.

Archäologische Flächenuntersuchungen in Bantorf

Eine weitere Befundsgattung sind Gruben unterschiedlichster Größe und Ausprägung, die anscheinend regellos auf der untersuchten Fläche verteilt waren, zum Teil dessen Randbereich bildeten und auch abseits liegend vorkamen. Im Profil zeigten sich diese variantenreich und von unterschiedlichster Tiefe und Ausdehnung. Im Planum waren sie als annähernd kreisrunde bis ovale Verfärbungen erkennbar, deren Durchmesser vorwiegend zwischen 1 m bis hin zu 2 m variierten. Die Verfüllungen waren bei flachen Gruben und Schürfungen häufig homogen und nicht stratifiziert, mit zunehmender Tiefe und ausgearbeiteter becken- oder wannenförmiger Anlage der Eingrabungen nahm die Komplexität der Verfüllung zu und ließ mehrere Schichten erkennen. In allen Grubenformen waren häufig eingebrachte Holzkohle- und Ascheschichten zu beobachten, die im Einzelfalle beprobt wurden.
Etwas abseits des „Fundstreifens“ im Westen wurde ein Grubenkomplex größeren Ausmaßes dokumentiert. Es handelte sich dabei um drei beckenförmige Gruben, die, nebeneinander ausgehoben, eine nahezu identische Verfüllung aufwiesen. In allen dreien war weitestgehend fundfreies Material mit einem homogenen Gefüge eingelagert. Abseitige Lage und eine offenbar vorgenommene Pflege bzw. Reinhaltung der Gruben spricht wohl für eine Interpretation als Vorratsgruben, deren zügige Verfüllung nach Auflassung der Siedlung erfolgte. Weiterhin konnten zwei Grubenhäuser mit Ausmaßen zwischen etwa 2 und 4,5 m mit gerader Sohle und Pfostengruben im unmittelbaren Umfeld oder innerhalb des jeweiligen Befundes dokumentiert werden.

Archäologische Flächenuntersuchungen in BantorfAufgrund der neu entdeckten FStNr. 11 stand anschließend das umliegende Areal unter genauer archäologischer Beobachtung. Da im Zuge der Bauarbeiten kontinuierlich aufwendige Bodenverbesserungsmaßnahmen verbunden mit immensen Materialverlagerungen stattfanden, konnten allerdings nur Ausschnitte beobachtet werden. Dennoch wurden bei diesen Kontrollbesuchen durch einen Mitarbeiter der Grabungsfirma ArcheoFirm Poremba & Kunze GbR, J. Blanck, zwei weitere Stellen mit Verfärbungen, einzelne Scherben und Knochen erkannt, die aus Gründen der Übersichtlichkeit vorerst mit neuen Fundstellennummern aufgenommen wurden (FStNr. 12 und 13). Da die Bodeneingriffe in einigen Teilflächen bereits weit fortgeschritten waren, konnte nicht das gesamte Areal untersucht werden und auch hier mussten die nun anstehenden archäologischen Arbeiten in den Bauablauf integriert werden. Die Grabungsflächen im Bereich der neuen Fundstellen waren so in erster Linie durch die von Baumaßnahmen ungestörten Bereiche vorgegeben. Auf den zwei Flächen, FStNr. 12 im Norden und FStNr. 13 etwas weiter südlich, wurde der maschinelle Oberbodenabtrag überwacht, Bereits bei Erstellung des Baggerplanums konnten Verfärbungen, Holzkohle- bzw. Brandlehmkonzentrationen und Keramikfragmente erkannt und markiert werden. Die nachfolgenden archäologischen Untersuchungen wurden ebenfalls von der Grabungsfirma ArchaeoFirm Poremba & Kunze GbR unter der Leitung von S. Agostinetto M.A. und zeitweise G. Brose M.A. durchgeführt und erfolgten vom 07.04. bis 13.07.2011. Die zwei Grabungsareale lagen in zwei verschiedenen Bauabschnitten, weshalb Beginn und Ablauf der archäologischen Dokumentation dem Zeitplan der Bauorganisation unterworfen wurden. Die Ausgrabungen begannen zeitgleich in beiden Flächen; Größe und Umfang der Befunde auf FStNr. 12 ließen einen früheren Abschluss erwarten, der am 04.05.2011 erfolgte. Der Bauablauf erforderte weiterhin eine stückweise Freigabe der FStNr. 13, um erschließungsrelevanten Vorarbeiten und Bodenverbesserungsmaßnahmen Raum geben zu können. In den beiden Flächen wurden insgesamt rund 500 Verfärbungen erkannt und dokumentiert. Auch hier handelte es sich um Gruben unterschiedlicher Funktion und Größe sowie zahlreiche Pfostenverfärbungen.

Archäologische Flächenuntersuchungen in BantorfBefundskonzentrationen ließen sich auf dem Areal der FStNr. 12 kaum ausmachen, vielmehr waren vereinzelte Siedlungs- und Pfostengruben locker verteilt. Dominiert wurde die Grabungsfläche von einem sich im Osten der Fläche von Süd nach Nord schlängelnden Rinnsal oder Bachlauf, der – dem natürlichen Geländegefälle folgend – auch auf dem Areal der FStNr. 13 dokumentiert werden konnte. Inwiefern dieser in Verbindung mit den vorwiegend westlich davon liegenden Siedlungsresten zu sehen ist, bleibt ungeklärt. Eine gestufte Eintiefung mit ca. 8 m² Fläche könnte als große begehbare Kellergrube bzw. Grubenhaus gelten. Die lockere Streuung der Befunde mit großen Freiflächen in den Zwischenräumen spricht allgemein für eine einmalige Nutzung bzw. für die abseitige Lage des Areals der FStNr. 12, was durch das fast völlige Fehlen von Pfostenstellungen indirekt bestätigt wird. Deutlich engmaschiger stellt sich die Situation im Bereich der FStNr. 13 dar, jedoch war eine Abnahme der Befunddichte nach Osten hin zu bemerken, der Bereich östlich des Rinnsales war sogar weitestgehend befundfrei. Im äußersten Nordosten der Grabungsfläche konnten aber ein Vier-Pfosten-Speicher mit Grubenstruktur im Zentrum sowie weiter südlich ein großer Grubenkomplex dokumentiert werden. Der Nordwesten des Grabungsareals erbrachte zahlreiche Pfostenentstellungen. Daraus ließen sich zwei annähernd rechteckige Hausgrundrisse von bis zu 6,5 m Breite und mit max. 30 m Länge rekonstruieren, die eine West-Ost-Orientierung einnahmen. Das nördlichere der beiden Gebäude war vollständig im Planum erhalten, wohingegen sich das südliche über die Grabungsgrenzen nach Westen erstreckte. Pfostenstellungen im Inneren der Häuser lassen von einer Untergliederung bzw. Mehrschiffigkeit ausgehen. Unmittelbar an den Häusern und vor allem zwischen ihnen befanden sich Siedlungsgruben und vier- oder mehrpfostige Speicher- oder Nebengebäude. Ein achtpfostiger Bau von etwa 5 m Länge und weniger als 2 m Breite besaß eine N-S –Orientierung. Kreisrunde Gruben mit Durchmessern zwischen 1 und 1,5 m, die sorgfältig ausgehöhlte und geschichtete Verfüllungen aufweisen, scheinen konzentriert im Umfeld der Gebäude vorzukommen.

Eine weitere Verdichtung lässt sich an der Grabungsgrenze im Südwesten und am nördlichen Grabungsgrand feststellen. Ein weiterer Befund ist erwähnenswert, handelt es sich doch um ein Grubenhaus unmittelbar östlich des vollständigen Hausgrundrisses. Es war bereits im Planum 1 als nahezu quadratische bis ovale Verfärbung von 3,55 x 3,95 m erkennbar.

Bei den Funden aller drei Fundstellen handelt es sich nahezu ausschließlich um zerscherbtes keramisches Material (Abb. 103-105). Allgemein ist die Keramik von mäßiger Qualität. Es überwiegt Keramik gröberer Machart, die sich durch gröbere Magerung, Dickwandigkeit, ungleichmäßige Formgebung und eine unebene, schlecht geglättete Oberfläche auszeichnet. Ein geringer Teil der Keramikfragmente besitzt eine durchgehend dunkelgraue und sehr gut geglättete oder engobierte Oberfläche. Im Inventar sind auch Fehlbrände und sekundär gebrannte Stücke vertreten; mehrheitlich ist das Material reduzierend gebrannt.

Archäologische Flächenuntersuchungen in BantorfUnter den Formen dominieren Schüsseln, Schalen und Töpfe mit einziehender Mündung unterschiedlicher Größe. Sie können leicht verdickte Ränder haben, häufig sind sie gelippt und tragen Fingertupfenzier. Das Gefäßprofil ist bauchig bzw. s-förmig. Seltener liegen weitmündige Töpfe und Terrinen vor, die teilweise facettierte verdickte Ränder oder kurze, nach außen gekippte Schrägränder aufweisen sowie flache Standböden besitzen. Bei einigen Stücken liegt der Umbruch mittig und kurz oberhalb der größten Weite des Gefäßkörpers, er kann scharf abgesetzt sein und in einen Trichterrand übergehen. Verzierungen sind allgemein selten. Nur vereinzelt treten Furchenzier, Ritzbündel in Sparrenform und Tupfenzier auf. Gehäuft lässt sich jedoch Schlickbewurf und Schlickrauung bis in Höhe des Umbruchs beobachten; Bodenansatz, Hals- und Randbereich sind dann geglättet oder abgestrichen. Unter den Handhaben sind kleine Knubben belegt, Henkel sind bandförmig und sitzen auf der Schulter bzw. sind randständig ausgebildet. Ein Siebgefäß und verschiedene Spinnwirtel runden das keramische Spektrum ab (Abb. 103,5.7,106). Metallobjekte sind ausgesprochen selten. Erwähnenswert sind hier der Fund einer bronzenen Pinzette und eines fragmentierten Armringes, einer beschädigten Bronzenadel sowie einer Bronzemünze aus dem Grubenhaus (Abb. 107, 1-3).

Die Keramik verweist die Fundstelle in die ältere römische Kaiserzeit, dafür sind die Gefäße der Form Uslar I, verbunden mit ausgewählten Belegen der Form Uslar III und einige Verzierungselemente ein sicherer Indikator (v. USLAR 1938). Dass die Siedlungstätigkeit wohl bis in den Beginn der jüngeren vorrömischen Eisenzeit zurückreicht, wird durch einige Randformen und Gefäße in Harpstedter Tradition sowie durch mehrere sog. Nienburger Tassen wahrscheinlich gemacht. (TUITJER 1987).

Archäologische Flächenuntersuchungen in BantorfDas durch die archäologischen Untersuchungen gewonnene Gesamtbild zeigt, dass es sich nicht um drei getrennte Fundstellen, sondern um einen breiten befahrbaren Feldweg und einen durch rezente Bodeneingriffe gestörten Bereich getrennt. Der Abstand zur nördlichen FStNr. 12 beträgt ca. 150 m. Offensichtlich handelt es sich bei FStNr. 12 um einen Siedlungsbereich. An keiner Stelle wurden die Grenzen der Befundausdehnung erfasst und eine Zusammenschau der Befunde zeigt deutlich, dass der Siedlungsplatz sich bereits überbaute, gestörte oder nicht untersuchte Flächen erstreckt.

Lit.: VON USLAR, R. 1938: Westgermanische Bodenbefunde des 1. bis 3. Jhs. nach Christus aus Mittel- und Westdeutschland. Germanische Denkmäler der Frühzeit 3. Berlin 1938. – TUITJER, H.-G. 1987: Holländische Einflüsse in der Nienburger Gruppe. Veröffentlichungen der urgeschichtlichen Sammlungen des Landesmuseums zu Hannover 32. Hildesheim 1987. – http://nibis.lbeg.de (NIBIS Kartenserver 2011, Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) Hannover).

F, FM: V. König, NLD / ArchaeoFirm; FV: zzt. NLD S. Agostinetto / T. Poremba / F.-W- Wulf

Quelle: Nachrichten aus Niedersachsens Urgeschichte, Beiheft 16, Fundchronik Niedersachsen 2011